Der Düxer Bock erzählt

[vc_row][vc_column width=“2/3″][vc_column_text]Der Bock? Nein 43 Böcke, Entschuldigung, Autoren! Denn so viele Menschen – Kinder, Männer und Frauen – schrieben an der Geschichte mit. Sie entstand am „Tag des guten Lebens“ am 18. Juni 2017 am Stand von deutzkultur. Die Autoren lasen meist nur den letzten Satz und ergänzten ihn dann mit ihren Gedanken und Ideen (jeder Autorenwechsel ist mit Änderung des Schriftschnittes markiert).
Was dabei herausgekommen ist? Lest selbst.

 

Heute nennt man mich Düxer Bock. Mein Besitzer, ein Trunkenbold und Geldeintreiber, rief mich schlicht Bock, oder auch sturer Bock. Dann bekam ich einen Tritt. An einen richtigen Namen kann ich mich nicht erinnern. Manchmal schrie er auch Lötschendötsch oder Hungksfott. Meinen jüngeren Bruder hingegen, schon immer der Liebling des Herrn, rief er Hennes. Aber das ist eine andere Geschichte.

Eines schönen Tages, als ich gerade ein leckeres Häufchen frisches Heu gefressen hatte, kam mein Meister und sagte zu mir: „Bock, schwing dich auf deine Hufe, wir machen heute einen Ausflug.“ Bedauernd ließ ich den Rest des leckeren Heus liegen und folgte ihm auf die Straße.

Wir gingen durch die Straßen von Deutz und ich fand es toll, dass sich so viele Menschen für die Umwelt, den Verkehr und Sonstiges einsetzten.

Es geht weiter, dachte ich mir, als wir an ein weißes Haus kamen. Vor dem Haus hingen fünf Vogelkästen. Die Vögel darin sangen um die Wette. Einer schöner als der andere. Da dachte ich mir, ich singe einfach mit.

Ich meckerte so laut ich konnte. Einmal, zweimal, fünfmal. Mit Inbrunst. Die Vögel unterbrachen ihren Wettstreit und verstummten. Sie schauten mich an. Hatte ich sie beeindruckt? Erschrocken?

Wohl kaum! So leicht ließen sich die Vögel von einem Bock nicht erschrecken, geschweige denn beeindrucken. Vermutlich waren sie eher verwundert oder gar amüsiert. Während ich darüber noch sinnierte, fingen sie auch schon wieder an, setzten ihren Gesang fort und beachteten mich nicht weiter. Ich machte mir nichts daraus und sang einfach wieder mit.

Ich sang: „Mer losse de Dom in Kölle, denn da jehört er hin.“

Der Bock und der Gnom

„Wat soll der denn woo-aaaanders? Dat hätt doch keine Sinn!“ erscholl es plötzlich hinter mir, so dass ich zusammenzuckte. Ich drehte mich um und erblickte … nichts! „Hier unten!“ Ich senkte meinen Blick und schaute direkt in die Augen einen Gartengnoms, der mit einer Spitzhacke fuchtelte.

„Ich bin in eine Bärenfalle getreten“, sagte der Gnom. Wenn du mir hilfst, hast du drei Wünsche frei.“ Also half ich dem Gnom und bekam drei Wünsche frei. Mein erster Wunsch war natürlich klar, der FC wird Meister und der HSV steigt ab. Mein zweiter Wunsch war,

dass ich Zirkusartist werde. Mein dritter Wunsch war, dass ich ein Schlangenmensch werde.

Ich wartete, doch nichts trat ein. So ist das mit Wünschen.

Dann zog ich weiter des Weges und suchte meine Freundin, die eine starke Peruanische Bergziege war und mir heute Morgen einen ordentlichen Tritt verpasst hatte.

Das hatte sie allerdings nicht böse gemeint. Sie wollte nur, dass ich endlich mal aus meinen kuschligen Strohlager aufstand und mich ein bisschen auf den Straßen von Deutz mit ihr umsah. Hier war nämlich einiges los. Es war ein ganz besonderer Tag:

„Der Tag der großen Ziege.“

Überall in Deutz gedachte man ihres erstmaligen Erscheinens vor langer, langer Zeit und die Botschaft, die sie gebracht hatte, um für alle unserer Art:

Blumen und Wiesen zu erhalten, denn mit der Natur um uns herum können wir glücklicher leben.

Und so zogen die Ziege und ich durch Deutz und bewunderten die vielen Stände und Ideen. Und wir stellten uns vor, wie das Leben hier in Deutz ohne Autos aussehen könnte und was wir mit dem Platz alles anfangen würden.

Ich stellte mir Deutz in einigen Jahren vor: Ich konnte es nicht fassen. Es fahren keine Autos mehr in Deutz. Die Straßen sind grün, es ist ruhig und die Luft ist fast wie im Wald, Streuobstwiesen, Tiere und kleine Wälder im Wald. Ich weiß gar nicht mehr, wie es früher in Deutz gewesen ist.

Ja, wie war es früher? Die Straßen waren überfüllt. Doch zu meiner Zeit gab es nicht nur Ärger auf den Straßen, sondern auch mit einem Nachbarn, einen Trompeter. Er spielte fast den ganzen und ich meckerte und meckerte.

Aber sonst fühlte ich mich wohl. Ich hatte einen Platz. Ich kann mich noch an die Straßenbahn auf der Deutzer Freiheit erinnern. So ändern sich die Zeiten, doch ich blieb auf meinem Platz.

Die Straßenbahnschienen werden heute ganz kreativ genutzt. Wo früher die Wagen ratterten, ist es heute leise. Früher war es leider sehr schwierig über den Gotenring zu kommen. Da habe ich nur lauter und lauter gemeckert. Das hab ich auch den Familien und Menschen aus allen Generationen eingeredet. Meckert für Deutz. Ob’s zu verstehen, zu hören war? Ich habe mich auf jeden Fall nach Stille und leichteren Wegen über diese innerdeutzer Grenze sehr gesehnt.

Und dann kam der Tag des guten Lebens. Keiner meckerte mehr, die Sonne schien mir den Pelz. Die Stille war relativ, wo vorher Autolärm zu hören war, lachten Kinder. Junge, Alte, Mittlere flanierten straßauf, straßab. Wenn lieblicher Klang.

Doch auf einmal fing es an zu regnen und zu gewittern. Riesige Wolken verdüsterten den Himmel und alle Menschen kehrten zurück nach Hause, außer ich. Ich wohnte weit weg, also stand ich alleine im Regen.

Und ich hatte mich verlaufen, kannte mich nicht aus und frug nach dem Weg. Doch der führte ins nirgendwo.

So kam ich an meinen schönen Platz. Abendstille ist wunderbar. Mir gegenüber war ein Baum. Vertrautes wispern der Blätter im Baum hörte ich und so sang und erinnerte mich: „Schneider meck meck meck“. Der Schneider verließ Köln, konnte meine Schmährufe nicht ertragen, und ich musste vor Hunger schreien. So erzählt es die Legende. Aber Köln hat mir eine stolze Skulptur geschenkt, auf der ich jetzt stehe. Deutz ohne mich ist nicht Deutz.

Armes, armes Schneiderlein,
jetzt bin ich – wie gesagt –allein.
Was soll ich tun?
Darf ich nun rein?
Doch werde ich einfach weiterziehen
und auf der Straße niederknien.
Hochachtung vor Deutzer Männern, Frauen,
was gibt es doch hier viel zu schauen:
Kreativität, so viel Ideen,
ich freue mich, was hier ist zu sehen!!

Es klackern die Kugeln

Ich hatte ganz vergessen, wie bunt „mein“ Stadtteil war und sehnte mich nach meinem Podest am Gotenring. Ganz besonders, das muss ich nun wirklich mal sagen, freue ich mich, wenn diese Menschen mit den Eisenkugeln abends kommen, und unter meinen Füßen damit herumwerfen. Mir ist zwar schleierhaft, was das soll, aber sie scheinen damit viel Spaß zu haben. Das finde ich gut: Menschen, die im Spielen Spaß und Gemeinschaft finden, brauchen keine Kriege zu führen, nicht hinter Geld her zu rennen oder mit ihrem SUVs die Luft zu verpesten, die ich hier oben auf meine Säule ständig einatmen muss!

Das finde ich gut: Bio-Bauern, Kühe, Hühner. Ich finde Leute blöd, die den FC Köln gut finden, und Leute, die mit ihren Geländewagen die Luft verpesten.

Ich meckerte oft, laut und gerne, freute mich aber besonders, wenn auch die guten Seiten des Lebens zu Tage traten – so wie heute! „Heute ist es schön, ein Bock in Deutz zu sein“, dachte ich, knabberte an der Hecke am Straßenrand und freute mich des Lebens.

Doch in manchen Ecken waren die Wiesen, Hecken und Bäume so verschmutzt, dass man nicht davon essen wollte. Dann musste ich lange wandern, um wieder schöne Ecken zu finden. Das Wasser war auch nur manchmal rein. Insgesamt ist es knapp. Nur manche Cafés haben Wasser für Hunde draußen. Und nur, wenn es regnet, ist man nicht der Gnade anderer ausgeliefert. So wanderte ich weit, bis ich auf den Rhein traf. Das Wasser war zu verschmutzt, um es zu trinken, jedoch waren Schafherden dort und grasten. Was die am Rhein zu suchen hatten, war mir nicht klar, doch alle Schafe dort waren sehr nett und nahmen mich auf.

Zwischen Männern, die Bier haltend den Fußball jonglieren ließen, sah ich die hellen, flauschigen Schafe. Der kleine Hund neben mir hechelte mich hoffnungsvoll an. Ein Fell hat er zwar, aber die Abwesenheit seiner Hufe brachte mich dann doch dazu, lieber woanders weiter zu grasen.

Das brauchte mich den Hügel hinauf, und ich sah die schöne, alte Zugbrücke. Ein perfekter Platz für ein Picknick, dachte ich mir und ruhte mich eine Weile auf dem Hügel aus, um zu grasen und über mein Leben zu sinnieren. Was wohl auf der anderen Seite der Brücke liegt?

Ich setzte mich auf den Rasen, die Gräser piksten mich leicht und ich spürte eine gewisse Erleichterung, mich etwas auszuruhen. Ich packte mein Brötchen aus und biss hinein, dabei schaute ich auf die alte Zugbrücke. Auf einmal hörte ich ein Rattern und einen Pfeifton. Es wurde immer lauter und schneller. Auf einmal sah ich ihn – den Zug. Er rauschte vorbei – plötzlich war er schon wieder weg. Ich stand auf und wollte ihm hierherschauen. Doch er verschwand im Horizont. Wo er wohl hinfahren möge?

Eine Ziege, die Smoothies mag

Besinnlichkeit macht hungrig. Ich hatte unheimlich Bock auf glatte Petersilie, Möhren und Salat. Ich wollte mich vollstopfen – bis ich laut meckern konnte: „Ich bin so satt, ich mag kein Blatt.“ Mäh. Mäh. Und dann dache ich: „Oh Mensch, meine Zähne sind ja nicht mehr das Gelbe vom Ei, Petersilie und Salat ginge noch gerade, aber Möhren, oh graus, ich alter Bock! Aber da kam mir ein Geistesblitz: ein Smoothie, das wär’s! So ging ich dann als alter Bock hinüber zum Smoothie-Stand und bekam Hilfe, musste nicht essen, nur trinken. So konnte ich Durst und Hunger stillen, und alles war gut.

Ein Wohlgefühl breitete sich plötzlich in mir aus. „Mäh“, machte ich, und noch einmal „Mäh“. „Was soll das?“, hörte ich eine Stimme neben mir. „Bist du ein Schaf, oder was?“ Verblüfft schaute ich mich um. Direkt neben mir stand …

… ein blauer Bock, blau wie ein Veilchen und voll wie eine Haubitze. „Ich glaub, mir ist schlecht. Hast du vielleicht die richtige Pille?“ „Nein, die habe ich nicht. Ich nehme keine Pillen ein, da hilft nur Ausschlafen, fürchte ich.“

Also legte ich mich genau da nieder, wo ich gerade stand. Ein herrlicher Schlaf kam über mich und ein entspannter, süßer Traum nebelte mich langsam und behutsam ein. Plötzlich ein Knall. Huch! Na sowas.

… und Kölsch sowieso

Es dauerte einige Zeit, bis ich mich erinnerte, wo ich war und was ich erlebt hatte. Aber dann dämmerte es mir. Neben mir war etwas passiert. Nette Menschen hatten ein Pittermännchen angestochen, davon muss ich wohl wach geworden sein. Man soll ja damit weitermachen, womit man aufgehört hat. So meckerte ich lauthals „Ein Köölsch, ein Kööölsch!“ Das hat sofort gewirkt. Mein Durst war schnell gelöscht.

Das Kölsch floss und floss immer weiter, zwar war der Durst gelöscht, dich das Pittermännchen schien ein Fass ohne Boden zu sein, eine Quelle unendlichen Bierstroms … wo beginnt „ein Kölsch“ – wo endet es? Rinnsale, Ströme, Bäche, Flüsse köstlichen Gerstensaftes ergossen sich, flossen und flossen …

Da wurde es mir zu bunt und ich musste mich in den Vorgarten des Bürgermeisters ergießen; der Druck war einfach zu groß! Heute hatte ich so viel gegessen und getrunken, dass mir der Gerstensaft und das Essen schon aus den Ohren herauskamen.

Da war ich sehr froh, dass die Kindergartenkinder aus der Lorenzstraße zu mir kamen und mich mit ihren Spielen wie Nachlaufen und Blinde Kuh wieder auf Trab brachten. Erst machte ich ohne große Begeisterung, später aber mit sehr viel Freude mit.

Als ich wieder aufwachte, bemerkte ich, dass es um mehr ging. Ich akzeptierte, dass der Autor und der Leser honoriert werden müsste, da die Kunst im Auge des Betrachters liegt!

Und ich, also der Bock, ich muss selbstverständlich an erster Stelle honoriert werden! Ich bin schließlich der, um den es hier geht!

Also wartete ich ab, bis die anderen tief und fest schliefen. Dann stahl ich in Hudson-Hawk-Manier diesen blöden – mir zustehenden – Pokal.

Ich lief so schnell ich konnte damit runter zum Rhein, bis ich merkte, oh, scheiße, ich werde verfolgt.

 

 

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